14. Januar 2023

Ein Glas Wein am Abend: Ist das gesund?

Avatarbild von Dr. Jörg SprathDr. Jörg Sprath

WISSENSCHAFTLICH GEPRÜFT

Jens Koester Potrait
Geschrieben von
Dr. Jens Köster
Die Informationen sind aktuell und entsprechen dem neuesten Stand der Forschung.
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Ein Glas Wein am Abend kann doch nicht schaden, sondern bringt sogar noch gesundheitliche Vorteile mit sich, oder? Diese Frage stellen sich viele Deutsche, doch die Antwort ist gar nicht so einfach.

Der Konsum von alkoholischen Getränken ist seit Jahrhunderten Teil unserer Kultur und Gesellschaft. Wein, Bier und andere alkoholhaltige Getränke werden bei verschiedenen Anlässen wie beispielsweise Festen und Veranstaltungen getrunken, da sie die sozialen Kontakte erleichtern, die Kommunikation und Lebensfreude stimulieren und Entspannung bringen.

Rechtlich gesehen gelten sie als Genussmittel und somit als Lebensmittel. Allerdings birgt der Alkoholkonsum auch gesundheitliche und suchtgefährdende Risiken. Aus diesem Grund ist es wichtig, Alkohol in Maßen zu konsumieren, um akute und langfristige gesundheitliche Probleme zu vermeiden.

Aber ist ein Glas Wein am Abend eine gute Sache? Ständig werden Studien veröffentlicht, die die gesundheitlichen Vorteile von Wein bei mäßigem Konsum propagieren.1

Ein Glas Wein pro Tag könnte für mehr Antioxidantien sorgen, das „gute“ Cholesterin erhöhen und das Risiko von Herzkrankheiten senken. Andere Studien weisen jedoch auf gesundheitliche Risiken hin, darunter ein erhöhtes Risiko für bestimmte Krebsarten und Herzprobleme.2,3,4

Vor diesem Hintergrund werfen wir einen Blick auf die verschiedenen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Folgen des Weinkonsums.

Was ist maßvoller Konsum?

Wein Blumen und Licht
Maßvoller Konsum ist in Deutschland anders als in den USA definiert (Foto von Alexandra Torro).

Zunächst einmal: Was ist ein maßvoller Konsum? Ein Standardgetränk entspricht 14,0 Gramm reinem Alkohol, was in der Regel 150 ml Wein sind (und ungefähr 45 ml Schnaps oder 350 ml, wobei die Unterschiede im Alkoholgehalt das Ergebnis verfälschen können).5

Im Rahmen eines von Bundesministerium für Gesundheit initiierten Forschungsprojekts zum Thema „Alkoholkonsum und Krankheiten“ wurden die tolerierbaren oberen Alkoholzufuhrmengen (TOAM) ermittelt. Für erwachsene Männer liegen die TOAM bei 20-24 g Alkohol pro Tag, für erwachsene Frauen bei 10-12 g Alkohol pro Tag.6

Die meisten Studien der nachfolgenden Studien beziehen sich jedoch auf die Ernährungsrichtlinien für Amerikaner, die wir deshalb kurz erwähnen.

In den USA bedeutet laut den Ernährungsrichtlinien mäßiger Alkoholkonsum bis zu einem Getränk pro Tag für Frauen und bis zu zwei Getränken pro Tag für Männer.7

Gesundheitliche Vorteile des Konsums von einem Glas Wein am Abend

Ein Glas Wein am Abend liefert Antioxidantien, begrenzt die Plaquebildung in den Arterien, erhöht das HDL-Cholesterin (das „gute“ Cholesterin) und kann das Risiko von Herzinfarkt, Schlaganfall und Diabetes verringern.

Außerdem reduziert maßvoller Weinkonsum Angst und Stress, kann eure Darmgesundheit verbessern und die Wahrscheinlichkeit von Gallensteinen verringern.

Fördert die Antioxidantien

Ein Großteil des Forschungsinteresses an Wein hat mit Antioxidantien zu tun. Antioxidantien, die als Polyphenole und insbesondere als Flavonoide und Resveratrol bekannt sind, sollen Zellen und Gewebe vor Schäden schützen, die zu verschiedenen Krankheiten wie Krebs und Herzerkrankungen führen können. Wein, insbesondere Rotwein, ist reich an diesen Stoffen.8

Kann Atherosklerose eindämmen

Laut der American Heart Association (AHA) deuten mehrere Studien darauf hin, dass die polyphenolischen Verbindungen in Rotwein eine aktive Rolle bei der Begrenzung des Beginns und des Fortschreitens von Atherosklerose spielen können, einer Krankheit, bei der sich Plaque in den Arterien ablagert.9

Erhöht das „gute“ Cholesterin

Laut einer in der Fachzeitschrift Circulation veröffentlichten Studie erhöht der Genuss von ein bis zwei Getränken pro Tag das HDL-Cholesterin um etwa 12 %.9

Dieses „gute“ Cholesterin kann dazu beitragen, das schlechte Low-density Lipoprotein (LDL)-Cholesterin aus dem Körper zu entfernen und die Verstopfung von Arterien zu reduzieren.

Verringert das Risiko von Herzkrankheiten

Die Forscher haben für ihren Bericht in der Fachzeitschrift Circulation die Ergebnisse von 51 epidemiologischen Studien zusammengetragen und festgestellt, dass Alkoholkonsum gut für euer Herz sein kann.9

Der Konsum von bis zu 2 alkoholischen Getränken pro Tag könnte das Risiko einer koronaren Herzkrankheit um etwa 20 % senken. Eine Koronare Herzkrankheit entsteht durch Verengung und Verkalkung der Herzkranzgefäße aufgrund von Atherosklerose.9

Verringert das Risiko eines Herzinfarkts

In der umfassenden Längsschnittstudie, die als Health Professionals Follow-Up Study bekannt ist, wurden 38.077 Männern in Gesundheitsberufen, die keine bekannten Herzerkrankungen hatten, über einen Zeitraum von 12 Jahren beobachtet.10,11

In der Gruppe sank das Risiko eines Herzinfarkts um 32 %, wenn die Teilnehmer an drei bis vier Tagen pro Woche ein bis zwei Drinks pro Tag zu sich nahmen.

Kann das Risiko eines Schlaganfalls verringern

Die Studie stellte auch fest, dass leichter bis mäßiger Alkoholkonsum das Risiko für einen ischämischen Hirninfarkt um etwa 20 % senkt und möglicherweise dazu beiträgt, weitere Schlaganfälle zu verhindern.9

Gut für eure Darmgesundheit

Rotweinflasche vor einer weissen Wand
Besonders Rotwein soll verschiedene gesundheitliche Vorteile haben, dazu zählt auch ein positiver Effekte auf die Darmflora (Foto von Matthew Ball).

Eine in der Fachzeitschrift Gastroenterology veröffentlichte Studie ergab, dass Menschen, die Rotwein trinken, eine größere Vielfalt an Bakterien in ihrem Darm haben als Menschen, die Bier, Weißwein, Apfelwein oder andere Spirituosen trinken.12

Ein vielfältiges Darmmikrobiom ist ein Zeichen für eine gute Darmgesundheit. Forscher glauben, dass dies ein Resultat der vielen Polyphenole im Rotwein ist.12

Senkt Stress und Ängste

Eine in der Fachzeitschrift Neuropharmacology veröffentlichte Studie kam zu dem Ergebnis, dass eines der Polyphenole in Rotwein, das so genannte Resveratrol, vor den Symptomen von Depressionen und Angstzuständen schützen könnte.13

Die Verbindung scheint die Expression eines Enzyms zu blockieren, das mit der Kontrolle von Stress im Gehirn verbunden ist, so die Forscher. 13

Verringert die Wahrscheinlichkeit von Gallensteinen

Sowohl in der berühmten Nurses‘ Health Study als auch in der Health Professionals Follow-up Study (und anderen Studien) traten Gallensteine bei mäßigen Trinkern seltener als bei Nichttrinkern auf.14,15

Verringert das Diabetes-Risiko

Eine Metaanalyse von Beobachtungsstudien, die in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Diabetes Care veröffentlicht wurde, ergab ein um 30 % verringertes Risiko für Typ-2-Diabetes bei mäßigen Alkoholkonsumenten.16

Eine andere groß angelegte Studie ergab, dass das Risiko für Diabetes sogar um 36 % geringer war, wenn man fünfmal pro Woche weniger als ein Getränk pro Tag konsumierte.17

Mögliche gesundheitliche Risiken von einem Glas Wein am Abend

Zwei Weinglaeser neben einer Weinflasche
Neben den vermeintlichen positiven gesundheitlichen Effekten hat Wein auch diverse mögliche Nachteile für die eigene Gesundheit (Foto von Engin Akyurt).

Wechselwirkungen mit Medikamenten

Alkohol hat möglicherweise gefährliche Wechselwirkungen mit einer Reihe von Medikamenten, darunter Paracetamol, Antidepressiva, Antikonvulsiva, Schmerzmitteln und Beruhigungsmitteln.18

Blockiert die Absorption von Folat

Alkohol blockiert die Aufnahme von Folat, einem wichtigen B-Vitamin, das unter anderem am Aufbau der DNA beteiligt und für eine korrekte Zellteilung unerlässlich ist.

Alkohol inaktiviert ebenfalls das Folat im Blut und im Gewebe. Es ist möglich, dass diese Wechselwirkung dazu führt, dass Alkoholkonsum das Krebsrisiko erhöht.19

Erhöhtes Risiko für Herzrasen (Tachykardie)

Häufiger Alkoholkonsum in kleinen Mengen könnte das Risiko für Vorhofflimmern oder Herzrasen erhöhen. Forscher in Korea untersuchten die Daten von mehr als 9,7 Millionen Patienten, um festzustellen, wie viele von ihnen diese Herzerkrankung entwickelten.20

Sie fanden heraus, dass diejenigen, die täglich Alkohol tranken, das höchste Risiko hatten, verglichen mit denen, die ein- oder zweimal pro Woche Alkohol tranken. Es gab jedoch keinen Zusammenhang zwischen der Erkrankung und übermäßigem Alkoholkonsum.20

Kann das Brustkrebsrisiko erhöhen

Wenn jemand beginnt, die als mäßig definierte Menge zu überschreiten, kann alles Mögliche schief gehen. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass zu viel Alkohol zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck und bestimmten elektrischen Störungen des Herzschlags beitragen kann.21

 Übermäßiger Alkoholkonsum kann zu Leberzirrhose, einer Vielzahl von Krebsarten, Bauchspeicheldrüsenentzündung, neurologischen Störungen und vielem mehr führen.22,23

Aber auch mäßiger Alkoholkonsum scheint das Brustkrebsrisiko zu erhöhen. Mehr als 100 epidemiologische Studien haben gezeigt, dass das Brustkrebsrisiko mit zunehmendem Alkoholkonsum ansteigt.

Eine Meta-Analyse von 53 dieser 100 Studien ergab, dass Frauen, die mehr als etwa drei Getränke pro Tag zu sich nahmen, ein 1,5-mal höheres Risiko hatten, an Brustkrebs zu erkranken als Nichttrinkerinnen.

Im Allgemeinen fanden die Forscher heraus, dass für pro 10 Gramm Alkohol, die jeden Tag konsumiert wurden (etwas weniger als ein Getränk), das Brustkrebsrisiko um 7 % anstieg.24

Kann aber das Risiko für andere Krebsarten verringern

Damit die Sache nicht völlig verwirrend wird, haben zahlreiche Studien gezeigt, dass Alkoholkonsum mit einem geringeren Risiko für Nierenkrebs und Non-Hodgkin-Lymphom verbunden ist.19

In einer Metaanalyse von Non-Hodgkin-Lymphom-Studien mit 18.759 Teilnehmern wurde ein um 15 % geringeres Risiko für diese Krankheit bei Alkoholkonsumenten im Vergleich zu Nichttrinkern festgestellt.25

Ein Glas Wein am Abend trinken oder nicht?

Die Centers for Disease Control and Prevention (Zentren für Krankheitskontrolle und -vorbeugung) raten davon ab, mit dem Trinken anzufangen oder häufiger zu trinken, nur weil die Gesundheit davon profitieren könnte, da mäßiger Alkoholkonsum auch mit einem erhöhten Risiko für unzählige Folgeerkrankungen in Verbindung steht.22

In Maßen ist das Zauberwort

Die Harvard School of Public Health weist darauf hin, dass Alkohol sowohl ein Stärkungsmittel als auch ein Gift ist. Der Unterschied liegt hauptsächlich in der Dosis. Mäßiger Alkoholkonsum scheint gut für Herz und Kreislauf zu sein und schützt wahrscheinlich vor Diabetes Typ 2 und Gallensteinen.26

Starker Alkoholkonsum ist in den meisten Ländern eine der Hauptursachen für vermeidbare Todesfälle. In den USA spielt Alkohol in etwa der Hälfte der tödlichen Verkehrsunfälle eine Rolle.

Es ist klar, dass übermäßiger Alkoholkonsum ein Problem darstellt, und dass Personen mit einer persönlichen oder familiären Vorgeschichte von Alkoholmissbrauch oder Lebererkrankungen den Alkoholkonsum gänzlich vermeiden sollten.

Wir alle haben eine einzigartige persönliche und familiäre Vorgeschichte, sodass ein Glas Wein für jeden von uns eine andere Reihe von Vorteilen und Risiken mit sich bringt.

Die Entscheidung, ob man am Ende des Tages etwas trinken sollte oder nicht, erfordert eine sorgfältige Abwägung dieser Vorteile und Risiken, eine Aufgabe, die man am besten erfüllt, wenn man sich der wissenschaftlichen Erkenntnisse bewusst ist und sich mit seinem Arzt unterhält.

FAQ zum Thema ein Glass Wein am Abend

Nachfolgend findet ihr eine Auswahl an Fragen und die dazugehörigen Antworten rund um das Thema: Ist ein Glas Wein am Abend gesund?

Titelbild von Julián Amé

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